Henrik Ibsen (1828 – 1906)
Kejser og Galilæer (Kaiser und Galiläer) 1873
Et verdenshistorisk skuespil
I
Cæsars frafald
Skuespil i fem akter
Cæsar Julian
Jeg tør sige, at jeg i disse måneder har udrettet alt, hvad der stod i menneskelig magt. Skridt for skridt, og trods alle hindringer i min egen lejr, drev jeg barbarerne tilbage mod den østlige grænse. Foran Argentoratum, med Rhinen i ryggen, trak kong Knodomar alle sine stridskræfter sammen. Fem konger og ti ringere fyrster stødte til ham. Men forinden han havde fåt samlet de nødvendige både til overgang i nødsfald, lod jeg min hær rykke frem til angreb.
Fyrstinde Helena.
Min helt, min Julian!
Übersetzung
Julian
Ich darf sagen, daß ich in diesen Monden das Menschenmögliche geleistet habe. Schritt für Schritt, trotz aller Widerstände im eigenen Lager, trieb ich die Barbaren nach der östlichen Grenze zurück. Vor Argentoratum, den Rhein im Rücken, zog König Knodomar alle seine Streitkräfte zusammen. Fünf Könige und zehn kleinere Fürsten stießen zu ihm. Aber ehe er noch die zum Übergang nötigen Boote für den äußersten Fall beisammen hatte, ließ ich mein Heer zum Angriff vorrücken.
Helena
Mein Held, mein Julian!
Julian
Lupicin umging mit den Speerwerfern und Leichtbewaffneten den Feind im Norden; die alten Legionen unter Severus trieben die Barbaren mehr und mehr östlich auf den Strom zu; die Bataver, unsere Bundesgenossen, unter dem treuen Bainabaudes, standen den Legionen ehrlich bei, und da Knodomar sah, daß Gefahr im Verzüge sei, suchte er nach Süden zu entkommen, um die Inseln zu erreichen. Aber noch ehe dies geschehen konnte, ließ ich Florentius mit den Prätorianern und Reitern ihm entgegenrücken. Helena, ich möchte es nicht laut sagen, aber sicher ist, daß Verräterei oder Neid mich beinahe um die Frucht des Sieges gebracht hätte. Die römischen Reiter wichen einmal ums andere zurück vor den Barbaren, die sich auf die Erde warfen und die Rosse in den Bug stachen. Ich sah unsere Niederlage vor Augen –
Helena
Aber der Gott der Schlachten war mit Dir!
Julian
Ich ergriff eine Fahne, feuerte die kaiserlichen Haustruppen durch meinen Zuruf an, hielt in aller Eile eine Rede an sie, eine Rede, die vielleicht auch vor einem gebildeteren Zuhörerkreise bestanden hätte, und kaum hatte der Beifallsruf der Soldaten mir gelohnt, stürzte ich mich auch schon hinein in das dichteste Kampfgetümmel.
Helena
Julian! O, Du liebst mich nicht!
Julian
In dem Augenblick dachte ich nicht an Dich. Ich wollte sterben; einen andern Ausweg sah ich nicht. Aber es glückte, Geliebte! Es war, als ob unsere Lanzenspitzen Blitze des Schreckens sprühten. Ich sah Knodomar, den furchtbaren Krieger, – Du hast ihn ja selbst gesehen, – ich sah ihn zu Fuß vom Schlachtfeld fliehen, und mit ihm flohen sein Bruder Vestralp und die Könige Hortar und Suomar und alle, die unsern Schwertern nicht unterlagen.
Helena
Ich sehe es; ich sehe es! Gebenedeiter Heiland! Du warst es, der abermals seine Würgengel von der mulvischen Brücke ausgesandt hat!
Julian
Niemals habe ich solches Jammergeschrei vernommen; niemals so klaffende Wunden geschaut wie die, in die wir traten, da wir über die Gefallenen wateten. Der Strom tat das übrige; die Ertrinkenden rangen miteinander, bis sie ermatteten und untersanken. Die Mehrzahl der Fürsten fiel uns lebend in die Hände; Knodomar selbst hatte Zuflucht in einem Röhricht gesucht; von seinem Gefolge verriet ihn einer; unsere Leute sandten einen Pfeilregen in sein Versteck, doch ohne ihn zu treffen. Da kam er freiwillig heraus und ergab sich.
Helena
Und nach einem solchen Sieg solltest Du Dich nicht sicher fühlen?
Julian zaudernd
Nach dem Sieg, an demselben Abend noch, trat ein zufälliger Umstand ein, etwas Unbedeutendes –
Helena
Ein zufälliger Umstand?
Julian
Ich möchte es am liebsten so nennen. In Athen zerbrachen wir uns so viel den Kopf über die Nemesis. – Mein Sieg war so herrlich groß, Helena; meine Stellung war wie aus dem Gleichgewicht geraten; ich weiß nicht –
Helena
So sprich doch –; Du ängstigst mich!
Julian
Es war etwas Unbedeutendes, sage ich Dir. Ich ließ den gefangenen Knodomar mir vorführen im Angesicht des Heeres. Vor der Schlacht hatte er damit gedroht, ich sollte lebendig geschunden werden, wenn ich ihm in die Hände fiele. Jetzt ging er mir mit unsicherm Schritt entgegen, zitternd am ganzen Leibe; gebrochen vom Unglück, warf er sich nach Barbarenart vor mir nieder, umklammerte meine Knie, vergoß Tränen und bat um sein Leben.
Helena
Mit des Entsetzens Schauder in den kraftvollen Gliedern. Ich sehe den Knodomar liegen. – Hast Du ihn getötet, Geliebter?
Julian
Ich konnte ihn nicht töten, diesen Mann. Ich sagte ihm Sicherheit zu und versprach, ihn als Gefangenen nach Rom zu senden.
Helena
Ohne ihm ein Haar zu krümmen?
Julian
Die Klugheit gebot mir, milde zu handeln. Aber da, – ich fasse es nicht, wie es zuging, – im Übermaß des Glückes, mit einem Freudengeheul sprang der Barbar auf, streckte seine gefesselten Hände empor und in seiner unzulänglichen Kenntnis unserer Sprache rief er mit lauter Stimme: »Gepriesen seist Du, Julian, Du mächtiger Kaiser!«
Helena
Ah!
Julian
Mein Gefolge wollte darüber lachen; aber der Ruf des Barbarenkönigs schlug wie ein zündender Blitz in die Soldatenhaufen. »Es lebe Kaiser Julian!« riefen die Umstehenden, und der Ruf pflanzte sich fort, in weiteren und immer weiteren Ringen bis in die fernste Ferne; es war, als ob ein Titan einen Berg ins Weltmeer hinaus geschleudert hätte; – Liebste, verzeih mir dieses heidnische Gleichnis, aber –
Helena
Kaiser Julian! Er sagte: Kaiser Julian!
Julian
Was wußte der rauhe Alemanne von Konstantios, den er nie gesehen hat? Ich, sein Überwinder, war ihm der größte –
Helena
Freilich – aber die Soldaten –?
Julian
Ich wies sie streng zurecht, denn ich sah sehr wohl, – Florentius, Severus und gewisse andere Leute standen lautlos umher, bleich vor Schrecken und Zorn.
Helena
Ja, ja, – sie, aber nicht die Soldaten.
Julian
Kaum war eine Nacht vergangen, da hatten meine heimlichen Feinde den Sachverhalt auch schon entstellt. Der Cäsar hat durch Knodomar sich zum Kaiser ausrufen lassen, hieß es, und zum Dank dafür hat er dem Barbarenkönig das Leben geschenkt. In dieser Verdrehung wurde die Geschichte denn auch nach Rom gemeldet.
Helena
Weißt Du das sicher? Und von wem?
Julian
Ja, von wem? Von wem? Ich selbst habe flugs an den Kaiser geschrieben und ihm genau den Hergang erzählt, aber –
Helena
Nun, – und was hat er geantwortet?
Julian
Wie gewöhnlich. Du kennst dieses unglückverheißende Schweigen, wenn er einen vernichten will.
***
Julian nach einer kleinen Pause
Botschaft oder Briefschaften?
Decentius
Briefschaften
Er reicht ihm eine Papierrolle.
Julian liest, unterdrückt ein Lächeln und streckt die Hand aus
Weiter! –
Decentius
Erhabener Cäsar, das ist so gut wie alles.
Julian
Wirklich? Hat der Kaiser seinen Freund den weiten Weg geschickt, nur um –? Er bricht in ein kurzes Lachen aus, dann geht er auf und ab. War der Alemannenkönig Knodomar schon in Rom vor Deinem Aufbruch?
Decentius
Ja, hoher Cäsar!
Julian
Und wie hilft er sich in der Fremde, unkundig der Landessprache, wie er ist? Ja, er ist ihrer höchst unkundig, Decentius! Er war geradezu das Gelächter meiner Soldaten. Denke Dir, er verwechselte so geläufige Worte wie Kaiser und Cäsar.
Decentius zuckt mit den Achseln
Ein Barbar. Was ist da zu sagen.
Julian
Ja, was ist da zu sagen. Aber der Kaiser ist ihm doch gnädig?
Decentius
Knodomar ist tot, Herr!
Julianbleibt stehen
Knodomar ist tot?
Decentius
Im Fremdenlager starb er auf dem Cölischen Hügel.
Julian
Tot? So? – Ja, die römische Luft ist ungesund.
Decentius
Der Alemannenkönig starb an Heimweh, Herr! Die Sehnsucht nach den Seinen und der Freiheit –
Julian
– sie zehrt, Decentius; ja, ja, ich kenne das. – Ich hätte ihn nicht lebend nach Rom schicken – ich hätte ihn hier töten lassen sollen.
Decentius
Des Cäsar Sinn ist milde.
Julian
Hm –! Heimweh? Ja so!
***
Julian
Ja, Eure Götter sind weit weg. Sie hindern keinen; sie lasten über keinem; sie geben dem Manne Spielraum zum Handeln! O dieses Griechenglück, sich frei zu fühlen! – – Du sagtest, der Kaiser wollte in seinem Rachedurst das Blut meiner Getreuen vergießen. Ja, wer kann noch daran zweifeln, daß es so kommt? Wurde Knodomar geschont? Mußte nicht dieser harmlose Gefangene einen Sprachirrtum mit seinem Leben zahlen? Denn – ich weiß es, Sallust! sie haben ihn gemordet. Es war Lüge, jenes Gerücht vom Heimweh des Barbaren. Wessen also haben wir uns zu gewärtigen? In welch gehässigem Lichte mag der Tribun Decentius in Rom die Dinge dargestellt haben!
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